White Cube At Night Scaled
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White Cube

Renzo Martens, NL,BE,CD 2020 | 79 Min. | OmU

Ausbeutung und koloniale Strukturen begründen auch heute noch den ökonomischen Wohlstand westlicher Gesellschaften, von dem auch ihre Kunst profitiert. Dennoch wird die Verbindung von Kunst und Kolonialismus gerne übersehen. Der Dokumentarfilm „White Cube“ von Renzo Martens zeichnet den spannenden Versuch nach, den Fluss von Reichtum durch die Nutzung kolonialer Privilegien umzukehren.

Auf einer einst von Unilever betriebenen Palmöl- und Kakaoplantage liegt die Arbeit brach. Um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, entwirft das Kollektiv aus ehemaligen Arbeiter:innen, das Renzo Martens ins Leben ruft, Kunstwerke. Die Bewohner:innen von Lusanga, Kongo, stellen aus dem Lehm des benachbarten Flusses Skulpturen her, die dann in Schokolade nachgebildet und in New York ausgestellt werden. Während die Hauptzutaten zynisch-politisch auf die Ausbeutung der Ressourcen der Ex-Kolonie hindeuten, gewinnt das konzeptionelle Projekt gleichzeitig an Aufmerksamkeit und wird zunehmend durch Fördergelder unterstützt. Renzo Martens stellt auf diese Weise Konsumgüter in einen direkten Bezug zur Kunst; gleichzeitig fließen die Erlöse unmittelbar zurück in das Dorf.

Durch die finanziellen Mittel, die die Kunst dem Dorf auf diese Weise einbringt, schafft Renzo Martens ein unabhängiges System, das die Logik moderner Ökonomie für sich nutzt und gleichzeitig bloßstellt. Da die Kunst nun relevante Einnahmen generiert, erhält sie eine unmittelbar lebensweltliche Bedeutung. Auch mit dem Ort des künstlerischen Schaffens spielt Renzo Martens auf eine koloniale Tradition an: Das Gebäude des International Research Centre for Art and Economic Inequality (LIRCAEI) ist ein „White Cube“, der mitten auf der Plantage die Rekontextualisierung von Kunst durch ihre Nutzung sichtbar macht.