• Cinema Italia

Welcome Venice

Andrea Segre, Italien 2022; 103′ OmU
Paolo Pierobon, Andrea Pennacchi, Ottavia Piccolo,

Die Brüder Pietro und Alvise gehören zu einer alten Fischerfamilie aus Giudecca, einer der Inseln, aus denen die Stadt Venedig besteht. Ihr Leben kollidiert vor dem Hintergrund des unaufhaltsamen Wandels, der die Realität und die Identität Venedigs und seiner Bewohner verändert: Der zunehmende Einfluss des globalen Tourismus verändert die Beziehungen zwischen der Stadt und ihren Bewohnern. Obwohl es anstrengend und einsam ist, möchte Pietro weiterhin „moeche“, die typischen Krebse der Lagune, fischen; Alvise hingegen sieht in seinem Elternhaus die Möglichkeit, neu anzufangen, indem er Beziehungen zur Immobilienelite aufnimmt, die die Stadt beherrscht. Der Konflikt greift schließlich auf die ganze Familie über.
Andrea Segres Filmschaffen kreist seit Jahren um seine faszinierende Heimatstadt Venedig. Auch in Welcome Venice zeigt er wieder berührend authentisch ein vor den Touristen verborgenes Venedig am Wendepunkt, wie man es sonst nie zu sehen bekommt.

Zehn Jahre nach meinem Film Io sono Li kehre ich mit Welcome Venice zu einem Film zurück, in dem die Stadt Venedig, die Orte und ihre Bewohner eine grundlegende Rolle spielen. Ein Film, der in die Gassen und Gewässer eines Venedigs eintaucht, das Angst hat, zu verschwinden und nicht weiß, wohin die Zukunft führt, aber dennoch die Kraft findet, zu existieren und zu sich selbst und zur Welt zu sprechen. Ein Venedig, das Gefahr läuft, von seiner eigenen Schönheit und seinem Ruhm verschlungen zu werden, eine Stadt, die die uns alle betreffenden Dringlichkeiten und globalen Veränderungen symbolisiert, eine Stadt, die Leben, Bürger und Räume braucht. In einer schwierigen Zeit wie dieser freue ich mich, dass mein Film einen Dialog zwischen dem Kino und der Stadt Venedig, zwischen dem Kino und der Welt da draußen anregen kann.
Andrea Segre

Mit Welcome Venice setzt Andrea Segre den notwendigen Versuch fort, von einer Zeit zu erzählen, die im Allgemeinen von journalistischer Banalität, von unseren eigenen Gemeinplätzen erstickt wird, indem er in seinen Filmen, fast immer vor dem Hintergrund der nordostitalienischen Region, die zentralen Themen unserer Gegenwart anspricht, die Widersprüche unserer Gesellschaft, die Dilemmata, mit denen wir konfrontiert sind. Im Mittelpunkt des Films steht der Konflikt zwischen zwei Brüdern, die aus einer Fischerfamilie stammen: Alvise und Pietro, verkörpert von Andrea Pennacchi und Paolo Pierobon, und umgeben von Akteuren, die in der Lage sind, rasch zwischen Standardsprache und Dialekt wechseln, wie das in Venedig seit langem üblich ist; glaubwürdig und wirkungsvoll, in einem familiären und generationenübergreifenden Rahmen, der auch Nachbarschaft und Viertel ist. Inmitten dieser Begegnungen und Zusammenstöße finden wir auch das Wunder der Natur, das Licht und die Farben des Meeres und des Landes, der Sonnenaufgänge, der Sonnenuntergänge, des Mittagslichts, alles wunderschön und liebevoll fotografiert. Diese leidenschaftliche und bewegende Elegie auf eine ebenso verhasste wie ökonomisch und soziologisch fatale Veränderung weckt große Sehnsucht nach der Schönheit, deren Kinder wir sind und die wir bereits verraten haben oder dabei sind in diesen Jahren zu verraten.
Goffredo Fofi, Internazionale

Andrea Segre (1976 in Dolo bei Venedig) Nach seinem Studium der Soziologie beginnt er eine erfolgreiche Karriere als Dokumentarfilmer, bevor er mit Io sono Li (2011) sein Spielfilmdebüt gibt. Unlängst lief seine Dokumentation über Venedig im Corona-Lockdown in deutschen Kinos: Molecole/Moleküle der Erinnerung (2020).