• 50 Jahre Kinemathek Karlsruhe e.V.

Taxi Teheran

Taxi
Jafar Panahi, Iran 2015 | 82 Min.
Jafar Panahi, Hana Saeidi

Termine

22.1. Donnerstag 19:30

Warum ich mich für den Film „Taxi Teheran“ entschieden habe:

Und trotz dieser komplexen, niederdrückenden, ja niederträchtigen Situation im Iran ist der von mir ausgewählte Film 2014 entstanden! Er spielt weitestgehend nur in einem Taxi in der Hauptstadt. Verschiedenste Fahrgäste werden aufgenommen: 1 Pärchen diskutiert kontrovers über die Strafen für Diebe; 1 durch Unfall frisch Verletzter will sein Testament machen; 1 Schwarzhändler, der mit Kopien westlicher Filme handelt, macht dem Taxifahrer (= Regisseur Panahi) Angebote; 2 abergläubische alte Damen wollen ein Goldfischglas zu einer geheimen Quelle transportieren; die Nichte des Fahrers wird von der Schule abgeholt, und soll als Hausaufgabe selber einen Film drehen, der aber „zeigbar“ sein muss, d.h. keine Systemkritik zeigen darf; eine Blumenfrau mit Rosen ist eine bekannte Rechtsanwältin und Menschenrechtsaktivistin… Der Film endet auf einem Parkplatz: Ein Motoradfahrer klaut die Kamera aus dem Taxi, muss aber feststellen, dass gar keine Speicherkarte drin ist! – Eine geschickte Volte des verbotenen Regisseurs, der mit Mut und Witz das diktatorische Regime karikiert!

In einem Satz: Weil es ein Film ist, den es eigentlich gar nicht geben dürfte: Der Regisseur hat im Iran Berufsverbot! Heimlich, mit kleiner Digitalkamera in und aus einem Taxi herausgedreht, dann außer Landes geschmuggelt und auf der BERLINALE 2015 mit dem GOLDENEN BÄREN prämiert!

Etwas ausführlicher: PERSIEN – heute: Islamische Republik Iran – was für ein Land! Welch‘ faszinierende Geschichte und bedrückende Entwicklung bis heute. 1001 u. 1 Nacht, Scheherazade – als Kind begeisterten mich diese Märchen. Als Medizinstudent interessierten mich die persische Blütezeit, Naturwissenschaften, Kunst, aber auch die Ambivalenz des Kaiserreiches bis 1978. Und als Assistenzarzt wurde ich Zeitgenosse der islamischen Revolution von 1979 mit ihren massiven Beschränkungen der bürgerlichen Freiheiten: Absolute Kontrolle und Repression durch die geistliche schiitische Führung, Zensur von Presse, TV und eben auch der Filme! Kopftuchzwang, Prügel- und Todesstrafen, antiamerikanische und besonders antiisraelische Politik, Armut der Bevölkerung und Rückzug der Opposition ins Private…

Sein Taxi quasi als Freiraum, in dem alles möglich erscheint, aber Probleme seiner Fahrgäste beim Aussteigen ungelöst bleiben. Diese MitfahrerInnen sind quasi stille Widerstandskämpfer… – Ich finde es toll, dass dieser Film erfolgreich in den Westen geschmuggelt werden konnte, und ohne Superaction und Weltstars – zu Recht- den GOLDENEN BÄREN erhalten hat
(Text von Matthias Zedelius)

2016 taxi teheran
Kinostart "taxi teheran"