• Cinema Italia

Il legionario

Hleb Papou, Italien 2022; 81′ OmU
Germano Gentile, Maurizio Buosso, Felicitè Mbezelè

Daniel ist als Sohn von afrikanischen Eltern in Rom geboren und in einem besetzten Gebäude aufgewachsen. Vor Jahren hat er beschlossen wegzugehen, um ein neues Leben anzufangen, doch nun ist er gezwungen zurückzukehren. Diesmal trägt er jedoch eine Polizeiuniform und soll den alten Wohnkomplex räumen, wo immer noch seine Mutter und sein Bruder Patrick leben, der inzwischen der Anführer der Hausbesetzer ist. Die Polizeieinheit, der er angehört, ist für Daniel wie eine Zweitfamilie, auch wenn es immer wieder Vorbehalte gegen den einzigen schwarzen Polizisten in der Abteilung gibt. So hat er auch seine Vergangenheit in dem besetzten Haus verschwiegen. Der Tag der Räumung rückt näher. Daniel gerät immer mehr in ein Dilemma…
Römische Legionäre des 21. Jahrhunderts: Das packende und vielschichtige Porträt eines afrikanisch-italienischen Polizisten stellt viele Gewissheiten infrage – auch die eigenen. Filmemacher Hleb Papou ist selber Migrant aus Belarus und gewann mit Il legionario beim Filmfestival von Locarno den Preis als bester Nachwuchsregisseur.

Die Idee für den Film entstand aus einem Bedürfnis heraus: das heutige multikulturelle Italien und die Generation der neuen Italiener, Kinder von Einwanderern, die in diesem Land geboren und aufgewachsen sind, zu erzählen. Mit zwei Protagonisten, zwei völlig unterschiedlichen Brüdern, beide Italiener afrikanischer Herkunft der zweiten Generation: auf der einen Seite Daniel, ein Polizist, und auf der anderen sein Bruder, ein Besetzer, der für das Recht auf ein Dach über dem Kopf kämpft. Die Idee geht auf das Bild eines dunkelhäutigen Polizisten in einer der härtesten Abteilungen der Polizei zurück, der das Recht beansprucht, entgegen allen Stereotypen ein Mitglied des Einsatzkommandos „Celere“ zu sein. Von diesem Bild ausgehend erzählt der Film eine weitere Geschichte: die des alten Themas der römischen Wohnungsnot, das wenig bekannt und gleichzeitig sehr umstritten ist. Ich interessiere mich nicht für das Postkarten-Italien, aber auch nicht für das Italien der Mafia. Ich möchte von einem Italien voller Widersprüche erzählen, in dem mehr als 800.000 Kinder von Einwanderern geboren wurden, die ein neues Kapitel in diesem Land darstellen.
Hleb Papou

Ausgehend von seiner eigenen Erfahrung als Einwanderer in Italien gelingt es Hleb Papou, sehr sensible Töne anzuschlagen, indem er von der Multikulturalität erzählt, von Menschen, die sich mit manchmal sehr unterschiedlichen Identitäten auseinandersetzen müssen. Warum sollte Daniel nicht das Recht haben, eine Polizeiuniform zu tragen? Warum kann er nicht, anstatt sich an die Gewalt, den Machismo, die Homophobie und den Rassismus anzupassen, die einen Polizisten zu definieren scheinen, sein Team mit seiner Erfahrung bereichern? Was wird aus Italien, wenn es nicht in der Lage ist, sich zu verändern, indem es die Hunderttausende von Einwandererkindern berücksichtigt, die es morgen prägen werden? Wenn es nicht den Mut hat, sich mit seinen Widersprüchen, mit den offenen Wunden, die es bewohnen, auseinanderzusetzen? Der Regisseur bringt die Komplexität, die sich aus der Berührung verschiedener Kulturen ergibt, auf authentische Weise auf die Leinwand – mit starken und wirkungsvollen Bildern, die Raum für Fantasie und Fragen lassen. Ein aufrichtiger Film, der einen nicht gleichgültig lässt.
Giorgia Del Don, Cineuropa

Hleb Papou (1991 in Minsk) lebt seit 2003 in Italien und erregt 2013 die Aufmerksamkeit mit seinem ersten Kurzfilm La foresta rossa. Nach dem Studienabschluss an der Universität Roma Tre und dem Abschluss in Regie am Centro Sperimentale di Cinematografia von Rom dreht er die Kurzfilme, Il legionario (2017) und L’interprete (2018) sowie den Dokumentarfilm Una vita in più (2020). Aus dem Kurzfilm Il legionario entwickelte sich der gleichnamige Spielfilm, für den er beim Festival von Locarno ausgezeichnet wird.