Deutschlandlieder
Weder Schlager noch Nationalhymnen. Deutschlandlieder sind unfassbar schöne Lieder der türkischen und kurdischen EinwandererInnen über die Liebe, das Leben, den Tod und das Feiern in Deutschland. Songs, die der Mehrheitsgesellschaft allerdings Jahrzehnte lang verborgen blieben.
Rund zehn Stars verschiedener Generationen der Türkeistämmigen aus unterschiedlichen Musikstilen kamen aus Anlass des 60. Jahrestags des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens zusammen – von einem 85-jährigen Volkssänger bis zu einer feministischen jungen Rapperin. Begleitet wurden sie von einer international besetzten Rockband, einem Streichquartett und ethnischen Instrumentalisten. Sie gastierten gemeinsam auf begehrten Bühnen in Köln, Essen, Bonn, Stuttgart, Hamburg, Rudolstadt, Berlin und Istanbul zwischen 2021-2022.
Mit dabei war Filmemacher Nedim Hazar – in den 1980er Jahren Sänger der ersten deutsch-türkischen Rockband Yarinistan. Hazar und sein Team dokumentierte diese einmalige Konzertreihe filmisch, nahm die Songs auf und sprach mit den Sänger:innen, darunter auch mit Hazars Sohn, dem Hip-Hopper Eko Fresh. Etwa ein Dutzend Songs und ihre InterpretInnen stellen die dramaturgischen Meilensteine des Films dar: „Guten Morgen Maystero“ etwa handelt von den Arbeitsbedingungen unmittelbar vor dem Türkenstreik in den Fordwerken im Jahr 1973. „Ley Ley Liebe Gabi“ (1981) erzählt eine Romeo-Julia Geschichte ohne Happy-End. Der in der Türkei legendäre Song über das Leben im Exil „Çok Yorgunum – Ich bin sehr müde“ wurde 1983 in Deutschland komponiert. Es lag nicht an der Sprache, dass diese Musik vom Mainstream über Jahrzehnte unbeachtet blieb. Denn bis auf die kurdischen Produktionen wurden viele der Songs längst auf Deutsch gesungen. Aber einerseits waren die Vertriebswege anders und andererseits war der Klang zu fremd für Caprifischer geschulte Wirtschaftswunderohren. So resümieren Psychologin Dr. Lale Akgün, Musikleiter des Multikultiradios WDR-Cosmo, Francis Gay und Politiker Cem Özdemir, der mit dieser, abseits der deutschen Hitparaden gespielten Musik aufwuchs. Nach den Brandanschlägen in Mölln und Solingen in den 90er-Jahren wandte sich die junge Generation Hiphop und Rap als Ausdrucksmittel gegen Rassismus und Gewalt zu.
Regisseur Nedim Hazar und Musiker Ali Baran sind zur Vorstellung anwesend und werden ein musikalisches Begleitprogramm anbieten.