• Recht und Gerechtigkeit

Ariaferma

Leonardo Di Costanzo, Italien 2022 | 117 Min. | OmU
Toni Servillo, Silvio Orlando, Fabrizio Ferracane

Ein altes Gefängnis in den Bergen steht kurz vor der Schließung. Die wenigen übrig gebliebenen Häftlinge und Beamte warten auf ihre Verlegung. Das große Gebäude ist in schlechter Verfassung, Küche und andere Gemeinschaftsräume sind bereits geschlossen. Nach und nach scheinen die üblichen Gefängnisregeln immer weniger Sinn zu machen und die ungewisse Situation steigert die Spannungen. Schließlich liefern sich der leitende Wärter Gaetano (Toni Servillo) und der schon lange einsitzende Mafioso Carmine (Silvio Orlando) einen Machtkampf um die Kontrolle über das Gefängnis… Ein spannendes Drama mit existenzialistischen Untertönen. Erstmals treffen die beiden Megastars des italienischen Kinos Toni Servillo und Silvio Orlando in einem psychologischen (und schauspielerischen) Duell aufeinander. Ariaferma wurde mit zwei italienischen Filmpreisen „David di Donatello“ ausgezeichnet, darunter für das beste Drehbuch.

In Kooperation mit der Stiftung Forum Recht

Im Anschluss: Kathrin Schön (Stiftung Forum Recht) im Gespräch mit Thomas Weber (Justizvollzugsanstalt Bruchsal)

Weitere Info zum Film:
Das Gefängnis von Mortana gibt es in Wirklichkeit nicht. Es ist ein imaginärer Ort, der nach dem Besuch zahlreicher Gefängnisse entstanden ist. Fast überall haben wir die gleiche Bereitschaft vorgefunden, von sich zu erzählen. Oft waren sowohl Beamte, Gefängnisleitung und Häftlinge eingebunden. Dabei entstand häufig eine gesellige Atmosphäre, in der jeder seine Geschichte erzählen wollte. Oft wurde auch gelacht. Am Ende kehrte dann jeder in seine übliche Rolle zurück und die Gefängniswärter brachten mit den Schlüsseln in der Hand die Häftlinge zurück in ihre Zellen. Das dabei entstehende Gefühl des Unbehagens hat die Verwirklichung des Films geführt: Ariaferma ist kein Film über die Bedingungen in den italienischen Haftanstalten, sondern eher ein Film über die Absurdität der Gefängnisse an sich.
Leonardo Di Costanzo

Einer der besten Filme beim Festival in Venedig. Di Costanzo, Autor großartiger Dokumentarfilme, ist im Alter von 54 Jahren zum fiktionalen Kino gekommen, und wie in seinen früheren Filmen L’intervallo und L’intrusa geht es auch in diesem Film um einen Moment der Aufhebung, in dem neue Beziehungen zwischen den Figuren entstehen. Ein Gefängnis steht kurz vor der Schließung, aber niemand weiß, wann die Verlegung der letzten Insassen stattfinden wird: In dieser Schwebe wird das Halbdunkel des Gefängnisses zum Schauplatz eines Machtspiels zwischen Insassen und Wärtern. Ariaferma ist tatsächlich kein Film über das Gefängnissystem, sondern über die Dynamik, in der Macht entsteht. Das führt auf der Leinwand zu einer unmerklichen Spannung: Der Zuschauer weiß nie, was passieren wird, genau wie die Figuren im Film. Der Diskurs ist dabei niemals didaktisch, sondern wird durch ein Spiel von Räumen dargestellt, in dem Regie und Darstellung hervorragend ineinander übergehen. Zum ersten Mal stellt sich Di Costanzo einer Besetzung mit namhaften Schauspielern und holt das Beste aus ihnen heraus. Silvio Orlando und Toni Servillo stehen in kontrastierenden Bildern und sind fast nie in derselben Einstellung zu sehen. Sie duellieren mit ihren Blicken: ersterer ist so flüchtig wie ein melancholischer Teufel, letzterer bemüht sich, ihm direkt ins Gesicht zu schauen, um seine eigene Unsicherheit nicht zu verraten: aber verpassen Sie nicht seinen verwirrten Blick in der letzten Szene.
Emiliano Morreale, La Repubblica

Leonardo Di Costanzo (1958 in Ischia). Nach einem Studium der Anthropologie zieht er Anfang der 90er Jahr nach Paris, wo er sich dem Film nähert. Dort arbeitet er für das französische Fernsehen und dreht seit 1998 mehrere Dokumentarfilme. 2012 entsteht sein erster Spielfilm L’intervallo, mit dem er den David di Donatello für das beste Debütwerk erhält. Mit L’intrusa (2017) wird er zum Festival nach Cannes eingeladen. Sein dritter Spielfilm Ariaferma hat 2021 bei den Filmfestspielen von Venedig Premiere.

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